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Klimafreundlich bauen: Ansätze und Zielkonflikte

Es ist längst kein Geheimnis mehr, wie sich Gebäude umweltschonend planen, realisieren und betreiben lassen. Viele der Massnahmen lassen sich gut miteinander vereinbaren. Es gibt aber auch Fälle, in denen man abwägen muss, welchen Fokus man setzt.

Klimafreundlich zu bauen, ist das Gebot der Stunde – schliesslich müssen die Treibhausgasemissionen auch im Gebäudebereich rasch und deutlich reduziert werden, um das Klimaziel «Netto-Null bis 2050» zu erreichen. Glücklicherweise ist heute bekannt, wie man im Einklang mit dem Klima baut. So gilt es beispielsweise, Immobilien möglichst energieeffizient zu betreiben und erneuerbare Energiequellen zu nutzen, die eine Abkehr von den fossilen Brennstoffen erlauben.

Mehr Photovoltaik
Eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft fällt der Photovoltaik (PV) zu. Heute generiert sie in der Schweiz rund 3,5 TWh Solarstrom, 2050 soll die Produktion ungefähr zehnmal höher liegen. Damit dies gelingt, müssen die auf Immobilien und Infrastrukturbauten verfügbaren Flächen möglichst durchgehend mit PV-Panels belegt werden. Das ist für die Eigentümerschaften jedoch vor allem dann finanziell attraktiv, wenn sie möglichst viel des selbst produzierten Solarstroms auch selbst nutzen können. Sinnvoll ist daher die Kombination mit der Elektromobilität: Wer sein E-Fahrzeug mit eigenem Solarstrom lädt, bezahlt weniger für die Energie und erhöht gleichzeitig den Eigenverbrauchsanteil und damit die Rentabilität der PV-Anlage.

Graue Emissionen senken
Nebst dem umweltschonenden Betrieb von Gebäuden rückte in den vergangenen Jahren auch deren Erstellung in den Fokus. Baumaterialien verursachen bei ihrer Herstellung und dem Transport auf die Baustelle teils hohe CO2-Emissionen. Diese sogenannten «grauen Emissionen» lassen sich reduzieren, indem man Materialien mit überzeugender Ökobilanz wählt. Gute Beispiele dafür sind Holz und Lehm: Diese natürlichen Rohstoffe sind hierzulande ohne grossen Aufwand abbaubar und benötigen auch für die Verarbeitung vergleichsweise wenig Energie.

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Holz ist mit deutlich tieferen grauen Emissionen verbunden als andere Baumaterialien. (Foto: Pixabay/Ralph)

Zirkulär denken
Nebst der Materialisierung hat die Konstruktion einen wesentlichen Einfluss auf die grauen Emissionen einer Immobilie. Um sie zu minimieren, sollte ein Gebäude möglichst kompakt und flächeneffizient sein sowie über flexible Grundrisse verfügen, sodass man die Raumaufteilung bei einer Nutzungsänderung ohne grossen baulichen Aufwand anpassen kann. Ein wichtiges Thema ist zudem die Kreislaufwirtschaft. Lassen sich Bauteile und Materialien beim Rückbau sortenrein trennen und wiederverwenden oder zumindest recyceln, schont dies im Vergleich zu neu hergestellten Produkten die Ressourcen und reduziert die Emissionen.

Verschiedene Zielkonflikte
Diese und weitere Ansätze und Massnahmen zum klimafreundlichen Bauen lassen sich oft gut miteinander kombinieren – aber nicht immer. Planerinnen und Architekten kommen nicht darum herum, bei gewissen Zielkonflikten abzuwägen und zu priorisieren. Das gilt beispielsweise für:

  • Photovoltaik vs. Begrünung
    Sowohl die Produktion von eigenem Solarstrom wie auch das Begrünen von Dächern, Fassaden und Balkonen sind wichtige Aspekte des klimafreundlichen Bauens. Auf dem Dach lassen sie sich teilweise kombinieren, an der Fassade jedoch kaum.
  • Photovoltaik vs. graue Energie
    Die Herstellung von PV-Modulen ist energieintensiv und erfolgt teilweise mit Einsatz fossiler Energien. An beschatteten Flächen wie etwa Nordfassaden gilt es zu prüfen, ob die graue Energie über den Lebenszyklus eines Moduls amortisiert werden kann und eine Installation daher gerechtfertigt. Südlich ausgerichtete Module amortisieren sich immer.
  • Photovoltaik vs. solare Gewinne und Tageslicht
    Während der Heizperiode können auf Glasflächen treffende Sonnenstrahlen den Wärmebedarf einer Immobilie reduzieren und Tageslicht in den Innenraum bringen. Allerdings sinkt der Ertrag der Fassaden-Photovoltaik, wenn mehr Flächen für Fenster genutzt werden und damit in der Fassade kein oder nur wenig Platz bleibt für die Photovoltaik.
  • Thermische Masse vs. graue Emissionen
    Einerseits unterstützt eine hohe thermische Masse den sommerlichen Wärmeschutz und reduziert den Kühlenergiebedarf, andererseits sind dicke Mauern aus Beton oder Backstein mit höheren grauen Emissionen verbunden. Die Frage lautet folglich, ob man den thermischen Komfort mit technischen oder mit konstruktiven Lösungen sicherstellt – und ob es Alternativen zum Beton gibt.
  • Sommerlicher Wärmeschutz vs. Tageslicht
    Eine wirkungsvolle Beschattung ist ein zentrales Element des sommerlichen Wärmeschutzes, reduziert aber in der Regel das verfügbare Tageslicht im Gebäudeinneren. Dieses ist ein wichtiger Bestandteil der Aufenthaltsqualität.

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Dicke Betonmauern senken dank ihrer thermischen Masse zwar den Heiz- respektive Kühlbedarf, sind aber mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden. (Foto: Pixabay/Broesis)

Wie solche Spannungsfelder am besten zu lösen sind, muss für jedes Bauprojekt individuell diskutiert und entschieden werden. Erfahrungen aus der Planungspraxis können dabei unterstützen und zu einem gewissen Masse verallgemeinert werden. Einen Know-how-Transfer in diesem Bereich bietet beispielsweise die Veranstaltung «Klimafreundliches Bauen: 3 Spannungsfelder im Fokus», die Minergie mit Partnern an der Swissbau 2024 durchführt.


Veranstaltungen an der Swissbau 2024

Bei zwei Veranstaltungen an der kommenden Swissbau steht das klimafreundliche Bauen im Zentrum:

Klimafreundliches Bauen: 3 Spannungsfelder im Fokus
Minergie, Faktor Verlag, Gebäudesimulation Schweiz

Klimafreundliche Arealentwicklung – wie gelingt es?
Minergie, Faktor Verlag, SNBS